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 Winterfest Teil 2 (WarwickAve)

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Sandra_Caterina
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Winterfest Teil 2 (WarwickAve) Empty
BeitragThema: Winterfest Teil 2 (WarwickAve)   Winterfest Teil 2 (WarwickAve) EmptySo Jan 07, 2018 4:52 pm

Ich würde sie umbringen! Ich würde sie eigenhändig erwürgen, alle beide! Schon unterwegs hatte ich ein ungutes Gefühl gehabt und jetzt waren meine schlimmsten Befürchtungen wahr geworden. Wir standen alleine in einem ominösen Teil irgendeines Waldes, es war längst dunkel, den Schneewehen nach zu urteilen war ein heftiger Sturm im Anmarsch und keine Unterkunft in Sicht. So hatte ich mir meinen ersten Abend auf Schloss Silbermeer nicht vorgestellt.
Auf dem Gesicht meiner Cousine breitete sich wachsende Panik aus.
„Was heißt das, du weißt nicht, wo wir sind? Du musst doch wissen, in welchen Teil dieses Waldes du uns schickst!“ Meine sonst so furchtlose Cousine funkelte Aleksander wütend an.
Dieser hob abwehrend die Hände. „Es war die richtige Richtung! Ich kann mir selbst nicht erklären, wieso wir noch nicht angekommen sind.“
Ich bemühte mich, meinen Ärger hinunterzuschlucken und wickelte meinen Mantel enger um mich, bevor ich das Wort an die beiden richtete.
„Wir müssen einen Unterschlupf für die Nacht finden. Ein Sturm zieht auf.“ Wie auf Kommando wehte es Aleksander die Kapuze vom Kopf.
„Wir könnten auch einfach zurückgehen.“ Raven warf einen Blick auf die Richtung, aus der wir gekommen waren.
Ich schüttelte den Kopf. „Das halte ich für keine gute Idee. Es ist schon längst dunkel, unsere Spuren verweht und es hat weiter abgekühlt. Wir würden nie zurückfinden.“
„Wir werden warten müssen, bis sich der Wind gelegt hat, bevor wir morgen versuchen können, einen Weg zurückzufinden.“ Auch Aleksander schien nervös geworden zu sein, er war längst nicht mehr so selbstsicher wie noch vor ein paar Stunden.
„Wo sollen wir hier einen Unterschlupf finden? Ich sehe nichts als Bäume!“ Raven schwenkte ihre Lampe, die ringsum die kargen Stämme beleuchtete.
Ich machte ein paar Schritte weiter in den Wald hinein. „Wir müssen in Bewegung bleiben. Und lass um Himmels Willen die Lampe nicht aus den Augen!“ Ein Blick zurück verriet mir, dass Raven und Aleksander mir folgten.
Eine Weile lang stapften wir durch den Schnee, immer schwerer vorankommend. Alexsander schienen die lustigen Kommentare ausgegangen zu sein und meine Cousine war auch still geworden.
„Wir werden hier noch sterben!“
Ich drehte mich zu einer verfroren wirkenden Raven um. Mittlerweile konnte ich nicht einmal mehr etwas dagegen zu sagen – es sah wirklich nicht gut aus für uns. Die eisige Luft stach beim Einatmen in der Nase, meine Zehen spürte ich schon seit geraumer Weile nicht mehr und meine Schritte wurden immer schwerfälliger. Wenn wir nicht bald einen Unterschlupf fanden, war es aus. Ich ließ den Blick über die dunklen Schatten zwischen den Bäumen schweifen, die Augen gegen den scharfen Wind zusammengekniffen.
„Stopp!“ Raven taumelte an meine Seite, als ich plötzlich stehen blieb und auf einen dunklen Umriss hinter den Baumstämmen zeigte. „Das könnte eine Höhle sein!“
Bei meinen Worten kam wieder Leben in die beiden und zusammen stapften wir in Richtung der Steinformation, die ich vorhin gesehen hatte. Je näher wir kamen, desto schneller wurden wir. Als das Licht der Lampe tatsächlich auf einen Höhleneingang fiel, hätte ich vor Freude am liebsten geheult. Alexsander und Raven schien es ähnlich zu gehen. Sobald wir unter dem großen Felsen, der von mehreren kleinen gestützt wurde, hindurchgegangen waren, hörte der Wind auf, um unsere Ohren zu pfeifen.
„Ich dachte schon, man könnte uns in ein paar Tagen als Eisskulpturen bergen!“ Raven ließ sich erleichtert an die erdige Wand sinken, die Arme um den Oberkörper geschlungen. Ich hob die Gaslampe vom Boden auf und machte ein paar Schritte tiefer in die Höhle hinein, bis ein großer Fels den Weg versperrte. Die Wände waren teilweise mit Erde bedeckt und der Boden war hier, weiter hinten, staubig, aber trocken.
Raven trat zu mir, glitzernde Eiskristalle lagen auf ihren Wimpern und den dunklen Haaren, die vorne aus der schneeverkrusteten Kapuze herausschauten. „Katrina, es tut mir leid.“ Ihr Atem bildete weiße Wölkchen vor ihrem Gesicht. „Ohne dich wären wir bestimmt erfroren.“
Bei ihrer reuevollen Miene konnte ich nicht anders, als zu seufzen und sie in eine Umarmung zu ziehen. „Es wird schon gut werden. Der König schickt bestimmt einen Suchtrupp loss, wenn unsere Abwesenheit bemerkt wird.“ Meine Zähne klapperten. „Bis dahin müssen wir nur versuchen, uns warm zu halten.“
An Schlaf war nicht zu denken, dennoch nickte ich immer wieder ein, als wir dicht aneinandergedrängt um die Gaslampe herumsaßen, den Rücken an den Stein gelehnt. Hin und wieder flackerte das Licht der Lampe, wenn ein Windstoß in die Höhle hineinfuhr, aber die Steine hielten die Wärme überraschend gut, sodass nach einer Weile wieder das Gefühl in meine Finger und Füße zurückkehrte. Ich versuchte, nicht daran zu denken, wie lange das Gas in der Lampe noch reichen würde und rückte stattdessen noch näher an Raven heran, die schon eingeschlafen war.
Auf der Rosenburg wurde es kaum jemals so kalt wie in der Hauptstadt, wo das warme Klima des Westlichen Königreiches nicht hinreichte. Wenn wir Glück hatten, fiel vielleicht etwas Schnee, der allerdings nicht oft liegen blieb. Beim Gedanken an den Schneesturm vor der Höhle lief mir ein Schauer über den Rücken. Ich hatte es vor meiner Cousine zwar nicht zugeben wollen, aber ich war alles andere als zuversichtlich, dass man uns finden würde. Schließlich wusste niemand, dass wir uns davongeschlichen hatten und außerdem war der Wald riesig. Der Sturm würde all unsere Spuren verweht haben und wenn der Wind nicht bald abschwächte, würde das die Suche ohnehin erschweren.
Ich musste müder gewesen sein, als ich gedacht hatte, denn als ich aufwachte, war die Gaslampe bereits ausgegangen und schwaches Licht fiel von draußen in die Höhle. Ein Frösteln überfiel mich, als ich mich schwerfällig vom Boden aufstemmte. Mein Körper war eiskalt. Mit ungelenken Schritten trat ich an den Höhleneingang, wo mir eisige Luft ins Gesicht schnitt. Der Sturm war anscheinend vorüber und der Himmel hatte eine leicht bläuliche Färbung angenommen, was bedeuten musste, dass die Sonne bereits aufging. Ich ließ den Blick über die winterliche Landschaft gelten, die bedeutend zauberhafter ausgesehen hätte, wenn ich sie mit einem Häferl heißem Tee und in eine dicke Decke eingewickelt durchs Fenster bewundert hätte. Mit einem Blick auf Alexsander und Raven, die nach wie vor in den Schatten der Höhle lagen, überlegte ich, was wir wohl tun konnten. Brennholz wäre nicht schlecht. Damit ließe sich vielleicht ein Feuer machen. Außerdem könnte Aleksander versuchen, auf einen der höheren Bäume zu klettern, um unseren Standort ungefähr zu bestimmen.
„Katrina?“ Bei Ravens Ausruf drehte ich mich um, nur um meine Cousine aufspringen zu sehen. „Die Gaslampe ist ausgegangen! Meinst du, es ist schon jemand unterwegs zu uns?“ Fröstelnd rieb sie sich über die Arme.
„Es sieht gut aus. Der Sturm ist auch vorbei.“
Auch Aleksander begann, sich zu rühren. Verschlafen fuhr er sich mit den Händen über das Gesicht. „Verdammt.“ Sein Blick richtete sich auf die Lampe.
Meinen knurrenden Bauch ignorierend, besprach ich mich mit den beiden, um unsere nächsten Schritte zu klären. Raven meldete sich freiwillig zum Holz Suchen und Aleksander machte sich auf den Weg zu einem der größeren Nadelbäume, die rings um die Höhle standen. Ich beschloss, ebenfalls etwas Holz zu sammeln und legte gerade meine zweite Ladung hinten in der Höhle ab, als ich in der Ferne Gebell vernahm.
Mit schnellen Schritten war ich am Eingang der Höhle und auch Raven kam angelaufen.
„Hörst du das? Das müssen sie sein!“ Erleichterung breitete sich auf ihrem Gesicht aus, das vor Kälte rot angelaufen war.
Das Gebell wurde immer lauter, bis Hufklappern und Rufe zu hören waren. Jetzt tauchte auch Aleksander auf, der ein paar Nadeln in seinen Haaren stecken hatte.
„Prinzessin! Gräfin Katrina!“ Die Rufe kamen immer näher.
„Hier sind wir!“ Raven lief ein paar Meter in Richtung der Rufe und ich folgte ihr.
„Hier!“ Es dauerte nicht lang, bis eine ganze Truppe berittener Soldaten zwischen den Bäumen auftauchte. Hunde sprangen zwischen den Beinen der Pferde umher und eine Gestalt kam galoppierend auf uns zu und machte jäh Halt.
„Bei den Göttern, da seid ihr ja!“ Cole sprang von seinem Pferd. „Geht es euch gut?“
„Zu einem Punsch würde ich jetzt nicht nein sagen.“, kam es von Raven, wieder ganz die Alte.
„Es geht uns gut. Ein wenig kalt vielleicht.“ Dankbar nahm ich die Decke entgegen, die mir einer der Wachmänner reichte, die mit Cole geritten waren. Ein heißer Tee wurde mir in die tauben Hände gedrückt und ich verbrannte mir prompt die Lippen, als ich einen Schluck nahm.
Es war Cole anzusehen, dass ihm einige Fragen auf der Zunge lagen, doch vorerst schien er uns nur wieder nach Silbermeer zurückbringen zu wollen.
Der Rückweg kam mir viel kürzer vor als der beschwerliche Marsch in der Nacht. Wir ritten vielleicht eine Stunde, bis das Schloss in Sicht kam und beim Gedanken an mein Zimmer mit dem warmen Kamin konnte ich es kaum erwarten, von diesem Pferd zu steigen. Als ob das Wetter uns auslachen wollte, war keine einzige Wolke in Sicht, als die Sonne aufgegangen war und die Luft war klar und kalt. Die Landschaft lag unter einer weißen Schneedecke begraben und es wehte kein Lüftchen. Manchmal hatte ich wirklich das Gefühl, die Götter erlaubten sich einen Scherz.
Als wir durch das Tor ritten, wurden wir prompt von einer Traube Bediensteter umschwärmt, die uns eilig ins Warme bugsierten. Sobald wir die Eingangshalle betreten hatten, kam Sage aus einem der Zimmer gerannt.
„Ist euch etwas passiert? Geht es euch gut? Um Himmels Willen, was habt ihr euch nur dabei gedacht?“ Während die Fragen nur so aus ihr herauspurzelten, schloss sie uns überschwänglich in die Arme. Das hieß, Raven und mich. Aleksander war gleich nach der Ankunft im Hof auf die Seite bugsiert worden und seitdem hatte ich ihn nicht mehr gesehen.
Erleichtert atmete ich auf, als ich in meinem Zimmer angelangt war und den Zofen, die mich umschwärmten, versichert hatte, dass ich alleine zurechtkam. Wenig damenhaft ließ ich mich direkt vor dem Kamin auf den Boden fallen und wickelte die Wolldecke enger um mich. Der Kamin strahlte eine wohlige Wärme aus und ich schloss genießerisch seufzend die Augen. Wozu ich mich von Raven immer überreden ließ! Nein, ab heute würde ich ihre Ideen lieber doppelt und dreifach hinterfragen, bevor ich mich wieder fast dem Erfrierungstod aussetzte. Wie auf Kommando musste ich husten. Hoffentlich hatte ich mich nicht erkältet! Bei dem Sturm von letzter Nacht wäre das kaum verwunderlich gewesen.
Ich musste eingeschlafen sein, denn als ich die Augen wieder öffnete, schmerzte mein Nacken von der ungeraden Haltung und mein Hals war wie ausgetrocknet. Stöhnend rieb ich mir über mein Gesicht und strich die wirren Haarsträhnen, die sich aus meiner Frisur gelöst hatten, wieder nach hinten. Mein Mage brummte erneut, diesmal so laut, dass ich es nicht mehr ignorieren konnte.
Mit steifen Bewegungen richtete ich mich auf. Ein kühler Luftzug fuhr über meine Schultern, als die Decke hinunterrutschte und ich zog sie eilig wieder an Ort und Stelle, bevor ich mich eines Besseren besann und sie zusammengefaltet aufs Bettende legte. Ich konnte schließlich kaum in eine Wolldecke eingewickelt durch das Schloss laufen. Immerhin befanden wir uns auf Silbermeer. Schnell kontrollierte ich im Spiegel neben der Tür, ob ich halbwegs vorzeigbar aussah und richtete meine Frisur, bevor ich aus meinem Zimmer trat. Fröstelnd rieb ich mir über die Arme. Wie lange es wohl dauern würde, bis ich mich vollends aufgewärmt hatte?
Auf halbem Weg zum Salon fiel mir ein, dass ich nicht einmal genau wusste, wo sich die Küche befand. Ob das Mittagessen schon serviert worden war? Falls ja, konnte ich mir vielleicht in der Küche ein paar Reste holen. Das Geräusch von klapperndem Besteck und Stimmen waren durch die geschlossene Salontür zu hören, als ich vorbeiging. Also wurde das Mittagessen gerade aufgetragen. Hin und hergerissen überlegte ich zwischen Vorbeigehen oder Eintreten. Mein knurrender Magen entschloss die Sache. Nach einem kurzen Klopfen schob ich die Tür auf und nahm erfreut zur Kenntnis, dass niemand mein Eintreten registrierte.
„Katrina!“ Ravens Ruf lenkte ein paar erstaunte Blicke in meine Richtung und auch der König am anderen Ende des Raumes nickte mir zu, als er mich erkannte.
Nach einer angedeuteten Verbeugung beeilte ich mich, zu Raven zu gelangen, die linker Seite saß.
„Ich wollte dich schon holen, Schönheitsschlaf hin oder her“, teilte mir meine Cousine mit, als ich mich neben ihr auf den Sessel sinken ließ. Sogleich wurde eine Schüssel Suppe vor mir abgestellt und der herrliche Duft fuhr mir in die Nase. Knoblauchcremesuppe mit Croutons! Einfach himmlisch. Ich gab ein unbestimmtes Geräusch von mir, bevor ich zu essen begann.
„Weißt du, mir ist immer noch kalt. Das Eis muss sich wohl in meinen Knochen festgesetzt haben“, ließ Raven zwischen zwei Löffeln Suppe verlauten. „Dabei habe ich mein wärmstes Kleid angezogen und vorhin ein ausgiebiges Bad genommen. Wenn ich nur an gestern Nacht denke!“ Sie schüttelte sich.
Kurz musterte ich ihr Kleid. Es sah tatsächlich warm aus. Lange Ärmel, hoher Kragen, wenn auch aus transparenter Spitze, und ein schwerer Rock. Für Ravens Verhältnisse äußerst züchtig.
„Hast du Aleksander gesehen?“, fragte ich schließlich, während ich mir den Mund mit der Serviette abtupfte.
Raven schüttelte den Kopf. „Nicht seit heute Morgen. Ich hoffe, er bekommt keinen allzu großen Ärger.“
„Immerhin war er es, der gedacht hatte, eine Nachtwanderung bei einem Sturm wäre eine gute Idee.“, stellte ich fest.
„Das mag sein, aber wir sind freiwillig mitgegangen. Ich habe dich überredet, mitzukommen.“ Raven brachte es tatsächlich zustande, schuldbewusst dreinzusehen und ich seufzte.
„Und was willst du jetzt tun?“
Sie zuckte mit den Schultern. „Vielleicht können wir es am Winterfest heute Abend wieder gut machen. Sage war ziemlich aufgebracht, wie du vielleicht bemerkt hast.“
Nur zu gut hatte ich noch die Standpauke vor Augen, die wir heute Morgen über uns ergehen hatten lassen.
„Damit wirst du kein Glück haben.“, kam es von Ravens anderer Seite und als ich mich vorlehnte, erkannte ich Prinz Jonathans jüngeren Bruder, Cambriel.
„Was meinst du damit?“ Ravens Augenbrauen hatten sich argwöhnisch zusammengezogen.
„Ich meine, dass Vater euch nicht gehen lassen wird.“
„Wie bitte?“ Ungläubig funkelte Raven den jüngeren Prinzen an und ich bemerkte nur am Rande, dass der Hauptgang serviert wurde. Wir durften nicht am Winterfest teilnehmen?
„Nach eurem kleinen Ausflug hat Vater beschlossen, euch zur Strafe im Schloss bleiben zu lassen.“, erzählte Prinz Cambriel jetzt eifrig.
Im Schloss bleiben? Aber wir waren extra für die Winterfeierlichkeiten angereist! Seit Wochen freute ich mich darauf, über den Markt zu schlendern, winterliche Köstlichkeiten auszuprobieren, das große Feuer zu sehen, … Und jetzt sollte alles abgesagt sein? Ich versuchte, mir meine Enttäuschung nicht anmerken zu lassen, Raven dagegen hatte nicht so viel Feingefühl.
„Das lasse ich mir doch nicht verbieten!“
„Raven!“, zischte ich. „Es muss doch nicht der ganze Tisch diese Diskussion mitbekommen!“
Die zwei Herren, die uns gegenüber saßen, hatten bereits ihr Gespräch unterbrochen, um zu sehen, was die Prinzessin aus dem Westlichen Königreich so aufbrachte.
Prinz Cambriel versuchte in leisem Ton, Raven zu beschwichtigen und was immer er sagte, hielt sie scheinbar davon ab, hier eine Szene zu veranstalten.
In Gedanken beim Winterfest, das ich vermutlich also erst nächstes Jahr erleben würde, brachte ich das Essen hinter mich und verschwand auf mein Zimmer, bevor mich jemand außer meiner Cousine in ein Gespräch verwickeln konnte. Beim Eintreten sah ich, dass die Schnittblumen auf meinem Nachtisch ganz traurig herunterhingen, also wechselte ich das Wasser, bevor ich es mir mit einem Buch in meinem Bett gemütlich machte. Ich breitete gerade die zweite Decke über mir aus, als Raven wie ein Racheengel in mein Zimmer gestürzt kam. Ich zuckte erschrocken zusammen.
„Kannst du dir das vorstellen!“ Aufgebracht rang sie mit den Händen. „Wir kommen eigens zu Besuch, um aufs Winterfest zu gehen und der König verbietet es uns!“
„Wenn auch nicht grundlos“, gab ich widerwillig zu. Schließlich hatten wir diese Reaktion provoziert.
„Mag sein. Nichtsdestotrotz lasse ich mir doch nicht untersagen, das Schloss zu verlassen.“ Raven ließ sich neben mir auf die Matratze fallen.
„Du hast doch nicht vor, das Verbot zu missachten?“ Der Befehl kam schließlich vom König.
„Und ob ich das vorhabe.“ Sie verschränkte die Arme. „Ich weiß nur noch nicht, wie.“
Erschrocken sah ich zu, wie meine Cousine aufsprang. „Wir sehen uns später, ich muss nachdenken.“
Die Tür fiel ins Schloss und ich starrte einige Augenblicke darauf, bevor ich den Kopf schüttelte und mein Buch zur Hand nahm. Raven war verrückt! Nie und nimmer würde sie es schaffen, sich nachts aus dem Schloss zu schleichen.

Es stellte sich heraus, dass sie es sehr wohl konnte.
In unauffällige schwarze Umhänge gekleidet bahnten wir uns einen Weg durch die Menge, die Richtung Hauptplatz unterwegs war. Natürlich hatte Raven mich zum Mitgehen überredet, allerdings hatte ich es ihr nicht besonders schwer gemacht – zu gerne wollte ich das Winterfest sehen. Die Musik schallte uns schon von Weitem entgegen und der Duft nach Gerösteten Nüssen, Backwaren und anderen Naschereien lag verführerisch in der Luft. Als die Gasse sich zum Hauptplatz hin öffnete, zog ich Raven zum ersten der kleinen Marktstände, die in Holzhütten aufgebaut waren. Holzgeschnitzte Spielzeuge, kunstvoll bemalte Glaskugeln und bunte Kerzen wurden angeboten und hätte Raven mich nicht weitergezogen, wäre ich versucht gewesen, etwas zu kaufen. Immergrüne Tannen waren festlich geschmückt und blitzten in dem Licht der vielen Feuer, die für Wärme an den Punschständen sorgten.
„Weiter! Ich will das große Feuer sehen!“
Ich musste mich anstrengen, Raven über die Musik und die vielen Leute zu verstehen, doch dann nickte ich. Das Anzünden des großen Feuers um Mitternacht wollten wir auf keinen Fall verpassen. Da wir bis zum Abend hatten warten müssen, bevor wir uns aus dem Schloss und in die Hauptstadt schleichen konnten, war es bereits spät. Unzählige Menschen hatten sich am Hauptplatz eingefunden, um dem Ende des Winterfestes beizuwohnen.
Raven setzte ihre Ellbogen ein, um weiter nach vorne zu gelangen, bis wir einen Blick auf den riesigen Haufen Holzscheite werfen konnten, der sich in der Mitte des Hauptplatzes auftürmte.
„Wie lange denkst du, dass es noch dauert?“ Ungeduldig trat Raven auf der Stelle.
„Ich weiß nicht. Es war nach zehn, als wir vom Schloss weggegangen sind.“
„Na, wenn das nicht meine kleine Schwester ist.“ Bei diesen Worten drehten wir uns beide erschrocken um, nur um Sage zu entdecken, die gerade ihren kolossalen Babybauch einsetzte, um sich zwischen den Leuten neben uns vorbeizuschieben.
„Sage! Wo sind Cole und Rebecca?“ Raven lächelte ihre Schwester breit an.
Sage wies hinter sich. „Unterwegs, um mir etwas zu essen zu holen. Nachdem ich euch Flüchtige hier entdeckt habe, habe ich mir gedacht, ich nutze den Moment.“
„Du verrätst uns doch nicht?“
„Was denkst du von mir?“, rief Sage gespielt empört auf und mir viel ein Stein vom Herzen. „Es dürfte bald Mitternacht sein.“ Sage begann, in der großen Tasche, die sie umgehängt hatte, herumzukramen, bis sie eine kleine Schachtel herauszog und mir reichte. „Hier, für dich.“
Völlig überrumpelt nahm ich das Geschenk an. Als ich den Deckel aufklappte, musste ich lachen. „Dankeschön, ich freue mich sehr darüber.“, meinte ich ehrlich, während ich die Samen weiter musterte. Sage wusste offenbar von meiner Leidenschaft für Rosen und hatte Rosensamen aufgetrieben.
„Ich habe gehofft, dass es dir gefällt.“ Sage drückte mich kurz und grub weiter in ihrer Tasche herum, während ich die Schachtel in meiner Manteltasche verstaute.
„Das ist für dich.“ Sage drückte Raven einen zusammengefalteten schwarzen Stoffhaufen in die Hände.
Raven entfuhr ein leiser Schrei, als sie das Geschenk auseinanderfaltete, das sich als wunderschöner schwarzer Brokatumhang entpuppte.
„Danke, danke, danke!“ Raven fiel ihrer Schwester um den Hals. „Damit hätte ich als niemals gerechnet!“
„Schön, dass du eine Freude daran hast.“
In diesem Moment kam Unruhe in die Menge und die Gespräche ebbten ab, sodass nur noch die Musik zu hören war.
„Ich muss gehen, Cole und Beccie suchen bestimmt schon nach mir. Wir können uns ja morgen weiter unterhalten.“ Sage schenkte uns noch ein Lächeln, bevor sie in der Menge verschwand.
Wenig später konnten wir beobachten, wie Prinz Jonathan an der Seite seines Vaters in die Mitte des schneebedeckten Hauptplatzes trat, eine hell erleuchtete Fackel in der Hand. Ravens eisige Hand griff nach meiner.
„Ich bin so froh, dass wir hier sind!“ Raven schenkte mir ein breites Lächeln, die Wangen rot von der Kälte.
Gemeinsam sahen wir dabei zu, wie das große Feuer entzündet wurde, das den Anfang des Winters ankündigte. Das Holz knisterte, rote Funken stoben in den sternenübersäten Himmel und Jubel brandete auf.
„Ich auch.“, versicherte ich ihr. Und das war ich wirklich. Der Winter mochte kommen und gehen, aber dieser Moment, die Erinnerung an diesen glücklichen Abend, an die Menschen, die ihn zu einem solchen gemacht hatten, die würde bleiben.
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